Predigt zu Matthäus 2, 1-12, gehalten am 06.01.19, Dreikönigstag
Die Heiligen Drei Könige – sie gehören in jede Weihnachtskrippe und zu jeder Weihnachtserzählung. Es gibt viele Traditionen über sie: Oftmals ist noch ein Farbiger dabei, um die verschiedenen Kulturen und Kontinente darzustellen; auf manchen Darstellungen sind sie auch verschiedenen Alters – ein junger Mann, einer mittleren Alters und ein Betagter.
Doch eigentlich wissen wir nicht viel über diese Menschen, die durch einen Stern zu Jesus gefunden haben sollen. In der Bibel ist keineswegs die Rede von Königen, auch nicht von drei Personen. Je nach Übersetzung lesen wir von Sterndeutern aus dem Morgenland, oder von Weisen, die aus dem Osten kommen, manchmal werden sie auch als Magier bezeichnet. Alles andere ist spätere Tradition. Die Dreizahl kommt wahrscheinlich daher, dass die Drei eine heilige Zahl ist. Und die Deutung, dass die drei Männer Könige sind, kommt wohl von der Vorstellung, dass sogar Könige vor dem Messias niederfallen und ihn anbeten, wie es im Alten Testament erwähnt ist.
Von den Heiligen 3 Königen gibt es sehr viele Darstellungen in der Kunstgeschichte. In den vielen Abbildungen sieht man, wie sie auf Pferden oder Kamelen dem Stern folgen. Noch häufiger sind Bilder, auf denen sie im Stall zu Bethlehem das Jesuskind anbeten, zum Teil sogar auf Knien, und ihm ihre Geschenke überbringen.
Heute habe ich ein Bild mitgebracht, auf dem die Heiligen 3 Könige in einer sehr aussergewöhnlichen Situation dargestellt werden.
Es handelt sich hierbei um ein Relief, das im Münster von Autun im Burgund zu sehen ist. Es stammt aus dem 12. Jahrhundert und wurde von einem Künstler namens Gislebertus erschaffen.
Bei dieser Darstellung liegen die drei Könige im Bett. Das bezieht sich auf den Bibelvers, in dem es heisst, ein Traum habe sie angewiesen, nach ihrem Besuch in Bethlehem nicht zu König Herodes zurückzukehren. Auf dem Relief wird das so dargestellt, dass ein Engel den drei Königen im Traum erscheint und ihnen die Nachricht Gottes überbringt.
Dieser Engel drückt eine faszinierende Mischung aus Sanftheit und Entschlossenheit aus: nur zart berührt er den obersten König am kleinen Finger, doch mit grosser Entschlossenheit zeigt er auf den Stern oben rechts im Bild. Trotz seiner Zartheit spürt man auch einen starken Impuls, mit dem der Engel den König auf die Dringlichkeit seiner Mission aufmerksam macht. Der erste König hat die Augen geöffnet, ist also durch den Engel wach geworden, während die anderen noch schlafen.
Die Botschaft des Engels ist wirklich sehr dringend: Schliesslich geht es um das Leben des Jesuskindes. Der Engel macht die Könige darauf aufmerksam, dass sie auf keinen Fall zu Herodes zurückkehren sollen, sondern unbedingt weiter dem Stern folgen! Der Stern weist ihnen auch weiterhin den richtigen Weg. Glücklicherweise kommt die Botschaft an, und die Könige ziehen auf einem anderen Weg in ihre Heimat zurück.
Die Bildhauerarbeit des Gislebertus erzählt die Geschichte vom Stern zu Bethlehem weiter. In der Geschichte, die uns dieses Relief erzählt, sagt der Engel zu den Königen: Passt auf, seid wachsam und verliert euren Stern nicht aus den Augen! Glaubt nicht, schlafen zu können, weil ihr meint, am Ziel angekommen zu sein. Geht euren Weg weiter und orientiert euch am Stern, um auch weiterhin den richtigen Weg zu finden!
Der Stern von Bethlehem ist überhaupt ein sehr schönes Motiv der Weihnachtsgeschichte: Ein Stern weist den Menschen, die den Heiland suchen, den Weg und bleibt über dem richtigen Ort stehen. Es ist ein Stern, der Licht bringt und den Menschen auf ihrem Weg leuchtet.
Der Stern bringt nicht nur Licht, sondern er weist darauf hin, was entscheidend und wichtig ist. Er steht für ein besonderes Ziel und weist den Weg dorthin.
In Grunde genommen hat jeder Mensch so einen Stern. Ich meine damit die Pläne und Ziele, die jeder und jede verfolgt. Jeder hat seinen eigenen Weg, um seine Ziele zu verwirklichen. Es gibt Menschen, die haben zum Ziel, möglichst reich zu werden. Andere streben nach einem Beruf, der Spass macht und ihnen Erfüllung bringt. Wiederum andere möchten etwas tun, das anderen Menschen hilft, sie möchten sich einsetzen für eine bessere Welt. Andere versuchen, sich in einer künstlerischen Betätigung persönlich zu entfalten. Oder ihr Ziel ist Erfolg im Leistungssport. Es gibt auch Menschen, die einfach nach persönlicher Erfüllung streben, die im Einklang mit sich selber und ihrem Umfeld, vielleicht auch mit Gott leben wollen.
Jeder Mensch muss seine eigenen Ziele finden, sie können sich im Laufe eines Lebens auch verändern. Bei einem jungen Menschen sehen sie sicher anders aus als bei einem alten. Doch es ist das ganze Leben hindurch wichtig, dass ein Mensch Pläne und Ideen hat, dass er weiss, was er will und wohin er möchte.
Die Frage ist, woran man sich beim Verfolgen seiner Ziele orientiert. Menschen, die z.B. viel Geld zum Ziel haben, orientieren sich an Börsenkursen, überlegen, wie sie eine Karriere machen können, die besonders viel Geld bringt. Wer eine erfüllende Tätigkeit sucht, orientiert sich an seinen Neigungen und Fähigkeiten. So hat jedes Ziel auch seinen eigenen Weg. Jeder muss im Leben seine eigenen Ziele finden, und dazu jeweils auch die Wege, die dorthin führen.
Ich lade Sie jetzt dazu ein, sich selber zu fragen:
- Was ist mein persönlicher Stern? Was ist wichtig und entscheidend in meinem Leben?
- Was für Ziele habe ich, im Leben insgesamt und in meiner momentanen Lebenssituation?
- Wie finde ich überhaupt meine Ziele? Woran orientiere ich mich dabei? Habe ich einen Stern, der mir leuchtet oder tappe ich im Dunklen?
- Kenne ich den Weg, der zum Ziel führt und gehe ich ihn entschlossen, oder irre ich wie in einem Labyrinth umher?
- Nehme ich auch mal Umwege in Kauf, wenn sie zum Ziel führen?
- Bleibe ich bei meinen gewählten Zielen oder ändere ich sie immer wieder, noch bevor ich sie erreicht habe?
- Gibt es auch Ziele, die ich mit der Zeit aufgeben muss, weil sie sich als unerreichbar oder gar als sinnlos herausgestellt haben?
- Und: Welche Rolle spielt Gott oder mein Glaube beim Verfolgen meiner Ziele?
Es ist gut, sich hin und wieder mal mit solchen Fragen auseinanderzusetzen.
Ebenso wichtig wie die Frage nach den Zielen ist die Frage, woran wir uns orientieren, welcher Stern uns den Weg leuchten soll. Denn wir müssen auch darauf achten, dass wir uns nach dem richtigen Stern ausrichten. Es gibt auch falsche Wegweiser, falsche Eingebungen oder falsche Anweisungen von aussen.
Der Engel in der Geschichte sagt: Seid wachsam, schaut, worauf es ankommt, und geht den richtigen Weg! Sein Erscheinen ist gleichzeitig auch eine Warnung. Denn beinahe wären die Könige den falschen Weg gegangen. Um ein Haar hätten sie sich einspannen lassen in die mörderischen Pläne des Herodes. Ebenso gibt es auch in unserer Zeit Heilslehren, Ideologien, Weltanschauungen oder gar Verführungen, denen blind zu folgen gefährlich sein kann. Darum ist es wichtig, dass wir dem richtigen Stern folgen.
Was kann unser Stern sein? Wie können wir ihn finden? Was hilft uns, unsere Ziele zu finden, wichtige Entscheidungen zu treffen und den richtigen Weg einzuschlagen?
Die Antwort darauf muss jeder Mensch für sich selber finden. Für viele Menschen ist der Glaube eine wichtige Quelle. In Gebet, in der Zwiesprache mit Gott, in der Stille, im Bibelstudium, im Gottesdienst oder in Gesprächen mit anderen Menschen ist es möglich, Orientierung für wichtige Entscheidungen im Leben zu finden. Manche Leute nennen das auch Intuition, sie folgen ihrem Herzen oder ihrem Bauchgefühl. Viele finden – wie auf dem Bild – in ihren Träumen Wegweisungen und Erkenntnisse für ihr Leben.
Ich glaube, dass Gott uns hilft, Entscheidungen zu treffen und den richtigen Weg zu finden. Wichtig ist, dass wir wachsam sind für das, was Gott uns sagen will. Dass wir Gottes Wegweisungen mit offenen Ohren und Augen begegnen, anstatt sie zu verschlafen, wie die beiden anderen Könige im Bild.
Was auch immer Ihre Art sein wird, Ihre Ziele und Wege zu suchen: Ich wünsche Ihnen ganz besonders für das kommende Jahr, dass Sie diese mit Gottes Hilfe auch finden werden.